Protokoll 19 2. Darstellung des Produktenwerts in proportionellen Teilen des Produkts Die ganze Rechnerei lauft zunächst einmal nur darauf hinaus, daß bisher getrennt wurde zwischen konstantem und variablen Kapital nach der Herkunft dieser Produktionselemente. Jetzt trennt man einfach im Endprodukt nach Anteilen. 20 Pfund Garn = 30 sh. 1 Pfund Garn ist also 1 1/2 sh. wert Also 24/30 = 4/5 c, 1/5 v. Umgerechnet auf die Garnmenge: 16 Pfund c, 4 Pfund v. Wenn der Spinner in 12 Stunden 6 sh. abstrakte Arbeit zugesetzt hat, so sind in den ganzen 30 sh. 5 x 12 = 60 Stunden verausgabt. Der Kapitalist verausgabt also für ein Pfund Baumwolle 1 sh., für den Abnützungs-Kleinkram 1/5 sh. pro Pfund Baumwolle, eine Stunde Arbeit 1/4 sh. (Vielleicht wäre alles einfacher mit Dezimalstellen ...) In den ersten 8 Stunden, um dem Beispiel auf S. 237 zu folgen, verspinnt der Arbeiter also 13 1/3 Pfund Baumwolle à 13 1/3 sh. und konsumiert 2 2/3 sh. Spindel usw. und der Unternehmer zahlt 2 sh. Lohn, macht 18 sh. Ausgaben, und erhält einen Garnwert von 20 sh. Das Verhältnis Vorschuß : Überschuß ist daher immer noch 9 : 1. Es wird auch hier so getan, als ob der Arbeiter 11 Stunden lang den ganzen Wert schaffen und nicht nur seine Arbeitskraft zusetzen würde, während er in der 12 Stunde alles aus dem Nichts erschafft. Diese Art von mathematischen Rechenkunststücken ist dann beliebt und wird nachgefragt, wenn irgendwelche „Sykophanten“ (das sind Leute, die ins GULAG gehören) gegen Arbeitszeitverkürzung alles nur Erdenkliche ins Feld führen wollen:
3. Seniors „Letzte Stunde“ Clauren, um auch dieses Mißverständnis zu klären, war eine Art Rosamunde Pilcher zu Marx’ Zeiten und steht für Groschenromane, und Senior ist also ein Groschenroman-Ökonom, der süßlich den Fabriksherren nach dem Mund redet und deshalb von denen als Koryphäe verehrt wird. Der Factory Act, der hier erwähnt wird, war offenbar das erste Gesetz zur Beschränkung von Kinderarbeit, und dagegen zogen die Fabriksherren sofort zu Felde, Herrn Seniors spitze Feder zu Hilfe nehmend. Der Verweis auf heutige Arbeitszeits-Debatten ist nicht ganz absurd, weil im Rahmen des sogenannten Durchrechungszeitraums sehr wohl die Normalarbeitszeit zuungunsten der höher bezahlten Überstunden verlängert wird. Man denke auch an die Debatte über die Anhebung des Pensionsalters und die Lohnnebenkosten, wo die Lebensarbeitszeit verlängert und die Pensionsberechtigung für den Arbeiter/Angestellten erschwert, für Staat und Kapital verbilligt wird. (Mehrwert: Heute gibt es zwar eine „Mehrwertsteuer“, aber in der Nationalökonomie wird diese Kategorie nicht verwendet, da hat J. recht, weil dieser Begriff ja auf der Arbeitswertlehre aufbaut, die heute in der Volkswirtschaft abgelehnt wird.) Wo hat der Kapitalist objektiv einen Nachteil, wenn er weniger Arbeitsstunden anwendet? Wenn er weniger Zeit arbeiten läßt, so stehen die Arbeitsgeräte herum und geben keinen Wert ab. Darum gibt es Schichtarbeit, damit die immer ausgelastet sind. Zweitens – auch da erinnere ich wieder an früheres, wie im 5. und 6. Kapitel erwähnt: Wird der gleiche Lohn gezahlt, aber weniger gearbeitet, so verschiebt sich – auf dem derzeitigen Stand der Analyse, wo die Reproduktionskosten der Arbeitskraft als fix vorausgesetzt sind – das Verhältnis zwischen notwendiger und Mehrarbeit zuungunsten des Kapitalisten, und sein Gewinn verringert sich. Es ist also nicht falsch, daß Senior meint, Arbeitszeitverkürzung schade dem Unternehmer, sondern nur, wie er diesen Schaden berechnet. Nämlich nicht anhand des wirklichen Exploitationsgrades der Arbeit (6 : 6 bzw. 5 3/4 : 5 3/4), sondern einer verkehrten Berechnung, welche ihn viel geringer (10 1/2 : 1) erscheinen läßt. Dadurch würde der Mehrwert sich nicht bloß verringern, sondern ganz verschwinden. 4. Das Mehrprodukt Nach diesen Ausführungen, die zeigen, wie sehr die Fabrikanten an jeder Arbeitsstunde hängen, die sie sich aneignen können, ist es angebracht, sich der Betrachtung dessen zuzuwenden, wie sich der Klassenkampf an der Länge des Arbeitstages entwickelt. |