Konferenz zum Rechtsradikalismus in Europa

3./4. Juni 2011, Kossuth Klub, Budapest

 

PROGRAMM

 

FREITAG

10 00 Einleitung: Warum diese Konferenz?

10 15 Tamás Krausz: Gründe für das Erscheinen des osteuropäischen Neofaschismus
10 45 Diskussion

11 15 Pause

11 30 G. M. Tamás: Der Postfaschismus
12 00 Diskussion

12 30 Mittagessen

13 45 Amelie Lanier: Was ist Nationalismus? – Teil 1
14 15 Diskussion

14 45 Pause

15 00 Herbert Auinger: Was ist Nationalismus? – Ungarns Verfassung
15 30 Diskussion

16 00 Pause

16 15 L. G.: Was ist ein ökonomisch brauchbarer Bürger?
16 45 Diskussion

17 15 Pause

17 30 Krisztina Kurdi: Die Umwertung der Geschichte: nationale und ethnische Spannungen in der unabhängigen Ukraine
18 00 Diskussion

Planmäßig daher um halb 7 Schluß, und
Abendessen.

 

SAMSTAG

10 00 Zusammenfassung des Vortages

10 15 Szabolcs Szita: Die Aktualität der Publikation KAMPF von Bosnyák
10 45 Diskussion

11 15 Pause

11 30 Adam Markus: Übersicht rechtsradikaler Gruppierungen in Europa
12 00 Diskussion

12 30 Mittagessen

13 45 József Juhász: Rechtsextreme Strömungen im südslawischen Raum
14 15 Diskussion

14 45 Pause

15 00 John Evers: Die FPÖ
15 30 Diskussion

16 00 Pause

16 15 András Tóth: Wer wählt die Jobbik?
16 45 Diskussion

Danach Open End ...

 

Anstelle eines Schlußwortes: Gastbeitrag von Freerk Huisken: Die Fehler der linken Antifaschisten

 

TAMÁS KRAUSZ: Gründe für das Erscheinen des osteuropäischen Neofaschismus
Die in Osteuropa auftauchenden rechtsradikalen Organisationen sind eine systemimmanente Erscheinung, deren ökonomische und gesellschaftliche Gründe, sowie historische Wurzeln der Vortragende aufzeigen will. Auch regionale Besonderheiten sollen zur Sprache kommen. Außerdem weist er auf die Schwächen der dem Neofaschismus gegenüber angewandten politischen Abwehrmechanismen und deren Gründe und Folgen hin.

 

HERBERT AUINGER / AMELIE LANIER: Was ist Nationalismus I & II?
Präsentiert wird eine Analyse des Nationalismus, die sich nicht mit Oberflächlichkeiten aufhält, sondern zum Wesen vordringt – und gerade deshalb kontrovers ist. Zentral ist dabei der Bezug zum demokratischen Staat. Dass „wir“ zum Beispiel Ungarn sind oder Österreicher, gilt auch in der Demokratie als Selbstverständlichkeit. Aber worin besteht denn die Gemeinsamkeit, so dass sich daraus ein „wir“ ergäbe? NationalistInnen beantworten diese Frage entweder mit dem Verweis auf Sprache, Kultur, Geschichte und/oder „Rasse“ oder aber mit dem „Gesellschaftsvertrag“, der angeblich die Mitglieder eines Staates verbindet und bindet. Im Vortrag wird schlüssig argumentiert, dass beide Argumentationen nicht haltbar sind, sondern sich das „Ungarnsein“ aus der Herrschaftsunterworfenheit unter den Staat ergibt. Es wird dargelegt, wie sich die Staatsaffirmation und der Nationalismus der BürgerInnen begründet und wieso der Faschismus lediglich die Radikalisierung des demokratischen Nationalismus ist.

 

G. M. TAMÁS: Der Postfaschismus
Im Postfaschismus ist der Rassismus nur ein untergeordeter Aspekt der biopolitischen Ausgrenzungsstrategien, die auf jeden angewendet werden, der nicht „produktiv“ und dessen Einkommen deshalb „unrechtmäßig“ ist, weil es nicht aus Arbeit oder Kapital herrührt. Die paranoiden ideologischen Versatzstücke der Neonazis sind der Versuch einer Antwort auf die Heucheleien des liberalen Nach-Wende-Kapitalismus’, und zwar dadurch, daß sie gerade das Wesentliche dieses Kapitalismus aussprechen, aber nicht heuchlerisch, sondern ehrlich – dabei sind sie überzeugt, antikapitalistisch zu sein. So werden heute viele sozialdemokratische, konservative, ökologische und „globalisierungskritische“ Inhalte übernommen; als Feind wird noch immer die Aufklärung gesehen, in ihrer spätliberalen Interpretation – paradoxerweise hören nämlich die Rechtsextremen bei den Begriffen „Emanzipation“ und „Gleichheit“ die Stimme der „Elite“.

 

L. G.: Was ist ein (ökonomisch) brauchbarer Bürger?
Demokratische oder faschistische Kritik an „überflüssiger“ Bevölkerung. Sind Muslime und Unterschichtler in Deutschland, Roma in Ungarn eine Gefahr für die Nation, und wenn ja, warum? Überlegungen zum praktischen und theoretischen Umgang mit denjenigen Teilen der Bevölkerung, die vom Kapital nicht gebraucht werden.

 

KRISZTINA KURDI: Die Umwertung der Geschichte: nationale und ethnische Spannungen in der unabhängigen Ukraine
Die unabhängige Ukraine ist immer mehr gespalten an der Frage der Beurteilung des 2. Weltkriegs. In diesem Zusammenhang kommt es zu heftigen Debatten um die Einordnung einzelner historischer Persönlichkeiten und deren Platz in der Halle des nationalen Ruhms. Gleichzeitig wird die rechtsextreme Partei „Svoboda“ (Freiheit) immer stärker. Bei den diesjährigen Feiern zum Sieg im 2. Weltkrieg (9. Mai) kam es aufgrund ihrer Provokationen zu Zusammenstößen.

 

SZABOLCS SZITA: Die Aktualität der Publikation KAMPF von Bosnyák
Die Umstände, unter den die rechtsradikale Wochenzeitung „Harc“ (Kampf) in Ungarn (ab Mai 1944) erschien. Zoltán Bosnyák, der Direktor des „Ungarischen Instituts zur Erforschung der Judenfrage“ und Herausgeber des „Harc“. Der Aufbau der Zeitschrift, die regelmäßig darin publizierenden Autoren. Die wichtigsten Kolumnen, die bevorzugt behandelten Themen und die graphische Gestaltung der Zeitschrift. Die Tätigkeit und das Schicksal Bosnyáks nach dem Krieg.
Die Sackgassen der Geschichtsinterpretation. Rechtsradikale Literatur und der Nachdruck der Zeitschrift „Harc“ zu Anfang dieses Milleniums.

 

ADAM MARKUS: Übersicht rechtsradikaler Gruppierungen in Europa
Seit einigen Jahren schon ist der Rechtsextremismus überall in Europa und der westlichen Welt am Vormarsch. In mehreren Staaten konnten rechtsextreme Parteien bereits in Parlamente einziehen oder sogar Regierungen stellen. Zwischen den einzelnen rechtsextremen Gruppierungen gibt es aber zum Teil große Unterschiede bezüglich Organisation, Thematik, Feindbildern und Militanz. So kann grundsätzlich zwischen einer „alten“ und einer „neuen“ Rechten unterschieden werden, aber auch zwischen einer „westlichen“ und „östlichen“.

 

JÓZSEF JUHÁSZ: Rechtsextreme Strömungen im südslawischen Raum
Anfang der 90-er Jahre schlug das politische Pendel (ähnlich wie in den meisten osteuropäischen Staaten) auch im südslawischen Raum nach rechts aus: Man könnte die Wende sogar als eine Art „National-Revolution“ bezeichnen, in der das Erreichen nationaler Ziele (die Erlangung der Unabhängigkeit, die Schaffung oder Bewahrung der Einheit des Nationalstaates) wichtiger war als die Verwirklichung wirtschaftlicher Reformen oder eine konsequente politische Demokratisierung. Und da dieser Prozeß von Kriegen und (sich oft nachher noch fortsetzendem) wirtschaftlichem Niedergang begleitet war, verwandelten sich die Nationalismen in gewöhnlichen Chauvinismus.

 

JOHN EVERS: Die FPÖ
Die Beteiligung an einer neoliberalen „Wenderegierung“ 2000-2006 mündete für die FPÖ nicht nur in einer Periode des Niedergangs und der Spaltung, sondern auch der rechtsextremen Neuorientierung. Neoliberale Inhalte wurden zurückgedrängt, die Partei gibt sich heute zuweilen sogar kapitalismuskritisch. In ihren Wahlkampagnen setzt die FPÖ aber vor allem auf den „Kulturkampf“ gegen den Islam und ist hier auch an Mobilisierungen gegen MigrantInnen auf der Straße beteiligt, bzw. zuweilen treibende Kraft in entsprechenden „Bürgerinitiativen“. Bemerkenswert sind zudem die Versuche, rechtsextreme Parteien EU-weit zu vernetzen. All das mit großem Erfolg: Bis zu 43 Prozent der ÖsterreicherInnen wollen aktuell eine Regierungsbeteiligung der FPÖ.
An welche Traditionen schließt die FPÖ an, welche Gefahren gehen von ihr aus, warum gelang ihr in den letzten Jahren ein rechtsextremer Wiederaufstieg und welche Perspektiven ergeben sich für die Zukunft?

 

ANDRÁS TÓTH: Wer wählt die Jobbik?
Dieser Vortrag versucht, das Phänomen Jobbik darzustellen, und zu begreifen, wie sich diese rechtsextreme „radikale“ Partei im Verlauf der letzten Legislaturperiode praktisch aus dem Nichts zwischen die Parteien der Mitte hineingezwängt hat. Im Verlauf der Analyse stütze ich mich auf auf die Ergebnisse von Umfragen aus den Jahren 2003 und 2010, auf die Jobbik behandelnde wissenschaftliche Publikationen, sowie auf die eigenen öffentlich zugänglichen Dokumente der Jobbik.

Dieser Herr hat leider über ganz etwas anderes geredet. In seinem Vortrag wurde unter anderem behauptet:
1. In Ungarn herrschte von 1945 bis 1989 Bürgerkrieg.
2. Spanien ist ein Erfolgsbeispiel für gelungene Marktwirtschaft und EU-Integration.
3. war er sich auch nicht zu schade dafür, die Propagandalügen der Franco-Diktatur über die „Roten“ zu verbreiten und sich damit als Parteigänger dieses Regimes zu deklarieren.

Sein veröffentlichter Beitrag (von ihm und seinem Co-Autor) löst jedoch das ein, was im Abstract angekündigt wurde.

 

___

 

Erste Schlußfolgerungen

Die Geschichte wiederholt sich: Es gibt eine Weltwirtschaftskrise, und das politische Pendel schlägt in Richtung autoritärer Staat, Rassismus und Fremdenhass aus. Es hat sich also erwiesen, daß die Vorstellung, die Demokratie könnte das irgendwie verhindern, falsch ist. Und auch darin wiederholt sich die Geschichte, denn jeder historische Faschismus ist aus einer Demokratie entstanden. Der demokratische Machtkampf weckt nämlich nationale Begehrlichkeiten, die sehr unverschämt werden können, wenn sie sich um ihren Erfolg geprellt sehen.

 

Vortrag Nationalismus, Ungarns Verfassung (Lanier/Auinger) – als Audio-Datei.

Die Texte dieser Konferenz sind inzwischen bei Book on Demand erhältlich, bzw. in Wien in der Buchhandlung Bartalszky:

 

Buchpräsentation als Audio-Datei

zurück zur Startseite